Im
Jahr 1740 ließ Franz Georg von Schönborn, der damalige Fürstbischof von
Worms und Erzbischof und Kurfürst von Trier von Balthasar Neumann, dem
Hofbaumeister seines Bruders Friedrich Carl von Schönborn, Fürstbischof
von Würzburg und Bamberg, für Dirmstein eine neue Kirche planen. Sie
sollte beide Konfessionen unter ihrem Dach beherbergen, wobei die
Raumaufteilung entsprechend der damaligen Anzahl der Protestanten (Ein
Drittel der Dirmsteiner Bevölkerung) und Katholiken (Zwei Drittel)
geschah.Der erste Neumann'sche Plan sah ein größere Anlage mit zwei
nebeneinander liegenden Kirchen vor, wobei der katholische Anteil hätte
noch größer werden sollen als der heutige Gesamtbau. Dieser Plan wurde
verworfen. Man sagt, weil der protestantische Teil zu klein – gemessen
an den vorgegebenen Zahlenverhältnissen ausgefallen sei – vermutlich war
dieser Plan aber vor allem zu teuer für den Fürstbischof. Balthasar
Neumann legte daraufhin einen verkleinerten Plan vor, der die Kirchen
wie in einem Doppelhaus hintereinander anordnet und schließlich auch zur
Ausführung kam.
Der so entstandene Kirchenbau ist m. W. einzigartig,
insofern zwei Kirchen unter einem Dach als solche geplant und
ausgeführt wurden. Eine vergleichbare Verbindung wie sie z.B. in
Otterberg bis 1979 bestand und heute noch in der Neustadter Stiftskirche
zu sehen ist, wurde nicht von Anfang an so geplant sondern kamen durch
die pragmatische Raumaufteilung und Errichtung einer Trennmauer
zustande. Diese sekundären Trennmauern müssten folgerichtig wieder
entfernt werden, wollte man den ursprünglich geplanten Gesamteindruck
dieser Gebäude wiederherstellen; in Dirmstein dagegen entstanden zwei in
sich harmonisch abgestimmte Räume, deren geplanter Gesamteindruck durch
ihre Verbindung zerstört würde.
1742 wurde der Grundstein gelegt und
am 9. Oktober 1746 konnte Weihbischof Christian Albert von Merle die
drei Altäre der katholischen Laurentiuskirche konsekrieren. Ein
besonderer Förderer des katholischen Teils war der Vizekanzler des
Wormser Bischofs: Adam Franz Brasseur von Gerstenfeld; er stiftete den
Marienaltar und mehrere liturgische Geräte (Alle diese Gegenstände
tragen deshalb sein Wappen). Gönner des reformierten Teiles war der
markgräflich Badisch-Durlach'sche Hofrat Wilhelm von Rießmann aus
Mannheim, der in Dirmstein großen Besitz hatte.
Das
grundliegende barocke Kirchenbaukonzept ist ein barocker Festsaal,
vergleichbar dem Festsaal in einem Schloss, als Gesamtkunstwerk
gestaltet, so dass er für die Gläubigen den Himmel darstellt.
Gesamtkunstwerk meint dabei, dass der Raum ganz durchgestaltet ist und
ein harmonisches Ganzes ergibt - möglichst nur aus barocken Elementen:
die architektonische Grundform, hier ein Rechteck mit eingezogenem
Chorraum, lichtdurchflutet durch die großen, klar verglasten Fenster und
seine umfassende Ausstattung, die den Gesamtraum gestaltet. Ein solches
Konzept erträgt wie ein Mobile keine Veränderungen oder Ergänzungen,
will man seine Idee und seine Wirkung nicht verdunkeln. In Dirmstein
konnte dieser Festsaal in seiner ursprünglichen Gestalt weitgehend
bewahrt werden, trotz verschiedener Hinzufügungen und Änderungen, die
aber aus heutiger Sicht kaum stören. Hinzu kamen im Laufe der Jahre die
Pietà und die Herz-Jesu-Figur, die Kreuzwegstationen, das Halbrelief des
heiligen Antonius von Padua und die Gefallenengedenktafel sowie die
Orgel; außerdem stammt das Kanzelkreuz aus einer anderen Zeit, es ist
älter als die Kirche und wurde vielleicht vom Vorgängerbau übernommen.
Die
größte Zufügung ist der neobarocke Hochaltar.Der im Festsaal
dargestellte Himmel ist prächtig ausgestaltet – so wie man im Barock die
Wohnung Gottes und der Heiligen, der Verstorbenen, die jetzt bei Gott
sind, denken konnte: ein lichtdurchfluteter, hoher Raum mit Gold, einem
in damaliger Zeit unschätzbaren Wert, verziert und edel geschmückt.
Dabei thront die Dreifaltigkeit über dem Hochaltar (wohl auch schon beim
ursprünglichen Hochaltar). Und die Gemeinde der Gläubigen, die sich bei
ihrem Beten und Feiern gleichsam im Himmel befindet, ist von den
Heiligen, die schon dort sind umgeben.Auf der Emporenbrüstung ist Jesus
mit den zwölf Aposteln dargestellt. Die einzelnen Apostel, die sich kaum
am Gesichtsausdruck erkennen lassen, können gut an den ihnen beigegebenen Gegenständen (Attributen) benannt werden:
von links nach rechts:
Das Fresko über der Orgelempore zeigt dem Ort entsprechend Heilige, welche für die Musik „zuständig“ sind: König David, von dem die Schrift sagt, dass er Zither (die auf dem Bild durch das repräsentativere Instrument einer Harfe ersetzt wird) gespielt habe (1 Sam 16,14-23) und mehrere Engel mit Musikinstrumenten.
Die Kanzel stellt neben den Altären im Barock den wichtigsten liturgischen Handlungsraum dar, weil hier das Wort Gottes ausgelegt und die Gläubigen unterwiesen wurden. In den kleinen Nischen im Kanzelkorb sind Heilige dargestellt, an deren Umgang mit dem Wort Gottes, sich der Prediger und die Gemeinde orientieren soll: Maria, dargestellt als unbefleckt Empfangene, die das Wort Gottes aufnahm und in ihrem Herzen bewahrte (vgl. Lk 2,51) zusammen mit den vier abendländischen Kirchenlehrern:
Diese
Kirchenlehrer seien dem Prediger Vorbild in Auslegung und Glaube; Maß
und Richtschnur aller Predigt soll ihm das Kreuz sein, das wie in allen
barocken Kirchen der Kanzel gegenüber und somit für ihn gut sichtbar
aufgehängt ist.
Die Seitenaltäre stammen ebenfalls aus der
ursprünglichen Ausstattung und zeigen links Maria, die Mutter Gottes und
rechts die heilige Maria Magdalena mit dem Salbgefäß vor dem
Gekreuzigten, Patronin der Katholischen Hospitalstiftung und der
Spitalkapelle, die gegenüber der Kirche liegt und heute als Gruppenraum
für den Gemeindekindergarten genutzt wird. Die Marienstatue im rechten
Seitenaltar ist nachträglich eingesetzt; das darüberliegende Symbol
zeigt an, dass er außerdem dem Herzen Jesu geweiht ist.
Der barocke Hauptaltar
wurde 1885 durch einen neoklassizistischen Hauptaltar ersetzt. Im Zuge
der Kirchenrenovierung 1962 bis 1968 hat die Dirmsteiner Pfarrei einen
neuen „barocken“ Hochaltar unter der Leitung des Architekten Alfons Sohn
aus Speyer errichten lassen. Weil sämtliche Quellen über den
ursprünglichen Altar fehlten, wurde er frei nach dem Vorbild des
Balthasar-Neumann'schen Hochaltares in der Bruchsaler St. Peters-Kirche
gestaltet.
Hochaltäre mit gleichem Aufbau und vergleichbaren
Proportionen hat Balthasar Neumann außerdem in der Brühler Schlosskirche
in Trier, St. Paulin und im Wormser Dom errichtet. Er zeigt im
Altarbild (vom Kirchenmaler Gschwandtner aus Reichenhall )den Heiligen
Laurentius, der Kaiser Valerian die Schätze der Kirche, die Armen,
bringt, flankiert von den Bischofsfiguren der Heiligen Pirmin und Ulrich
und gekrönt mit einer Darstellung der Heiligsten Dreifaltigkeit.
Die Darstellung des Pelikan
über dem Tabernakel hat ihr Pendant im Pelikan auf dem Kanzeldeckel. In
der mittelalterlichen Tierkunde ging man davon aus, dass der Pelikan
seine Küken mit seinem eigenen Blut ernähre; für uns Christen weist
dieses Bild auf Tod und Auferstehung Jesu hin: Wie der Pelikan mit
seinem Blut den Jungen Leben gibt, so auch Christus, der sich für uns am
Kreuz hingegeben hat. Die Erlösung für uns wird im Wort Gottes von der
Kanzel aus verkündigt und in der Eucharistie, die im Tabernakel
aufbewahrt wird, gefeiert.
Im Altar finden sich verschiedene Wappen, welche alle die genaue geschichtliche Situation der Errichtung des neuen Altares fixieren wollen:
Der neue „alte“ Altar in der Dirmsteiner Pfarrkirche St. Laurentius stammt aus der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils und den ersten Jahren danach und weist in diesem Zusammenhang zwei geschichtliche Besonderheiten auf:
Die heutige Dirmsteiner Orgel wurde 1900 von der Firma Voit & Söhne aus Durlach erbaut und 1986 durch die Orgelwerkstatt Vier aus Friesenheim-Oberweier im Schwarzwald renoviert und mit einer mechanischen Traktur versehen. Die Orgel hat 23 klingende Register auf drei Werke verteilt. Die Disposition und liebevolle Intonation des Werkes ermöglicht sowohl die Interpretation barocker als auch romantischer Literatur; und die ausgereifte Traktur mit mehreren Halbzügen, Wechselschleifen, drei Koppeln und einem Koppelmanual macht unsere Orgel für viele große Organisten zu einem reizvollen Konzertinstrument.
Beitrag der katholischen Kirche vom ehemaligen Pfarrer Schappert
An
der Decke Rahmenstuck. Empore an drei Seiten umlaufend; die
Aufgangstreppe an der Nordseite ähnlich wie in der katholischen Kirche.
Die Empore ruht auf Rundsäulen mit hohen Stühlen. Brüstung geschlossen,
mit Felderteilung. Kanzel Rokoko. Polygoner Korpus mit geschweiftem
Untersatz. An den Seiten Rahmenwerk. Auf dem kräftig profilierten
Schalldeckel Voluten. Orgelgehäuse (auf der Nordseite) dreitürmig mit
klassizistischem Laubwerk.
Bereits in der Hälfte des 18.
Jahrhunderts besaß die Gemeinde eine Orgel. 1788 wurde sie von Johann
Peter Kampf aus Worms umgebaut. 1870 stellte F. Walkner eine neue
Kugelladenorgel auf, die kolorierte Zeichnung zum prächtigen Gehäuse
liegt bei den Orgelakten. 1965 führte Oberlinger nach Angaben von Adolf
Graf den heutigen Klangumbau durch. Die Kirche im Ganzen macht einen
stillen, ruhigen und doch vornehmen Eindruck auf uns, sie wirkt durch
ihre schlichte Schönheit und hat nichts Überladenes.
Diese politisch und nun auch konfessionell geteilte Situation führte zu manchen Auseinandersetzungen. Einen doppelten Frieden für Dirmstein brachte das Jahr 1705: Mit der Religionsdeklaration wurde für das Reich ein Modus gefunden, wie die verschiedenen Konfessionen in den konfessionell gemischten Gebieten zusammenleben konnten, ohne dass bei jeder Konfessionswechsel des Fürsten das ganze Volk mitgehen musste. Im gleichen Jahr tauschten der Wormser Fürstbischof und sein Bruder der Pfälzische Kurfürst die jeweiligen Hälften von Dirmstein und Ladenburg, so dass Dirmstein fortan ganz zum Hochstift Worms gehörte. Dieser umfassende äußere Frieden ermöglichte den Wiederaufbau und ein neues Wachstum der Gemeinde